Mein Brunnenrohr bewegt sich seit heute keinen Millimeter mehr, aber die Kiespumpe arbeitet korrekt, was ist da passiert?
Diese und ähnliche Anfragen erreichten mich während dieser Bohrsaison relativ oft.Ich möchte deshalb heute einmal genauer erklären, was beim Brunnenrohr abteufen da unten eigentlich abgeht, wenn Du am Kiespumpenseil ziehst.
Dass eine Kiespumpe im Inneren des Brunnenrohres durch Hochziehen des Kolben einen Unterdruck erzeugt und dadurch Sand, Kies und kleine Steine ins Innere des Pumpenkörpers befördert, ist klar, oder ?
Aber was passiert da eigentlich physikalisch mit dem nassen Sand/Kies Gemisch des Grundwasserträgers auf dem die Kiespumpe und das Brunnenrohr stehen?
Bild 1 zeigt die Anfangssituation beim Brunnenrohr abteufen.

Zunächst einmal stehen Kiespumpe und Brunnenrohr auf einem relativ stabilen nassen Sand. Dieses Gemenge ist so dicht und kompakt, dass das Brunnenrohr trotz großer Auflastung nicht nach unten dringen kann Um das Brunnenrohr abteufen zu können, muss mit der Kiespumpe ein Unterdruck erzeugt werden.
Bild 2 zeigt das Brunnenrohr und die Kiespumpe nach dem Abteufen in den freigeräumten Bereich.

Wenn der Kolben der Kiespumpe nun beim Hochziehen sowohl Sand als auch Wasser in die Kiespumpe hochreißt, ändert sich die Struktur des Sandgemisches für kurze Zeit. Es wird weniger dicht, fast wässrig und lässt im Umkreis von wenigen Zentimetern um die Kiespumpe herum zu, dass Pumpe und Rohr ein Stück nach unten rutschen. Man sagt auch, der Sand wird rollig.
Bild 3 zeigt wie das Brunnenrohr die Kiespumpe überholt hat und nur noch im Rohrinneren arbeitet. Das Brunnenrohr bewegt sich nicht mehr.

Ist die Auflast zu groß, bleibt die Kiespumpe im Rohr ein Stück zurück.
Irgend wann ist dann der Zustand erreicht, dass die Kiespumpe im Rohr so weit nach oben gewandert ist, dass der leergesaugte Bereich von einigen Zentimetern nur noch weiter oben im Rohr entsteht, aber nicht mehr unter dem Rohr, sodass dieses nicht weiter absinken kann. Trotzdem arbeitet die Kiespumpe weiter, weil sie ja innerhalb des Brunnenrohres noch genügend einsaugbares Material vorfindet.
Das ist also der Grund dafür, dass sich dein Brunnenrohr nicht mehr nach unten bewegt.
Dieser Zustand ist relativ leicht zu korrigieren, Du nimmst einfach etwas Gewicht vom Rohr und die Kiespumpe wird nach einigen Füllungen wieder die richtige Position am Rohrende erreicht haben. Das Brunnenrohr befindet sich wieder im wirksamen Bereich der Kiespumpe und kann weiter absinken.
Wieviel Gewicht Du jetzt wieder auflegen kannst, musst Du ausprobieren
Du siehst, es ist sehr wichtig, dass du deutliche Markierungen am Brunnenrohr und am Seil der Kiespumpe anbringst, denn nur mit Hilfe genauer Markierungen kannst Du feststellen, an welcher Position sich beide befinden. Fehler kannst Du so im Ansatz erkennen, sodass es gar nicht zu der oben geschilderten Situation kommen kann.
Wie bereits erwähnt, ist diese Situation vergleichsweise harmlos und korrigierbar. Wesentlich schlechter dagegen sieht es aus, wenn Du verpasst, dass beim Brunnenrohr abteufen die Kiespumpe das Brunnenrohr überholt hat.
Bild 4 zeigt die nach schräg unten abgedriftete Kiespumpe

Bild 5 Die Kiespumpe hat sich erst festgesaugt und beim Zugversuch unter dem Rohr festgeklemmt

Irgendwann saugt sie sich aber im Untergrund fest und Du kannst sie nicht mehr hochziehen.
Die Gefahr, dass Du die Kiespumpe bei deinen gewaltsamen Zugversuchen schräg unter dem Brunnenrohr verkeilst ist absolut realistisch.
Manchmal gelingt es vielleicht noch, wenn das Pumpenseil stark genug ist, das ganze mit Hilfe eines Flaschenzugs über Nacht unter starker Spannung zu halten und los zu lösen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kiespumpe festsaugt wird umso größer, je kleiner der Ringspalt zwischen Kiespumpe und Brunnenrohr ist.
Eine 108 mm Kiespumpe in einem 115 er Rohr saugt sich schneller fest als eine 90 mm Kiespumpe im gleichen Rohr.
Am optimalsten arbeitet die Kiespumpe wenn die Durchmesserdifferenz zwischen 15 und 25 mm liegt.
Die 108 mm Kiespumpe sollte daher besser erst ab einem Brunnenrohrdurchmesser von DN 125 eingesetzt werden.
Außerhalb des Brunnenrohrs sucht sich die Kiespumpe nämlich ihren Weg selbst. Dieser wird von der Zusammensetzung des Kies/Wasserbreies bestimmt und verläuft regelmäßig schräg vom Weg des Brunnenrohres weg.
Du bemerkst davon ohne Markierungen meist nichts, weil auch in dieser Situation die Brunnenpumpe zunächst korrekt weiter arbeitet.
Wenn das Seil der Kiespumpe zu schwach ist, wäre es besser, Du versuchst nur das Brunnenrohr zu ziehen und anschließend die Kiespumpe.
Denn wenn dir das Seil der Kiespumpe reißt, hast Du keine Chance mehr, das gute Stück zu bergen.
Zum Ziehen des Brunnenrohrs befestigst Du ein starkes Seil an der Rohrklemme für die Auflagengewichte und ziehst das blaue Brunnenrohr mit Hilfe eines starken Kettenflaschenzuges.
Manchmal gelingt es auch, zunächst das Brunnenrohr einen Meter zu ziehen.Wenn die Kiespumpe unter dem Rohr versetzt geklemmt war, könnte ein erneuter Zugversuch an der Kiespumpe Erfolg bringen.
Gelingt das nicht, bedeutet das „Auf ein Neues, oder aber schlimmstenfalls, Aufgabe des Projektes.
Also Du siehst, eine sorgfältige Markierung und ständige Kontrolle der Sychronisation ersparen dir gegebenenfalls einige Hundert Euro und eine ganze Menge völlig unnötiger Arbeit.
Um das Festsaugen der Kiespumpe in feinem Sand (im Grobsand oder Kies ist die Gefahr des Festsaugens nicht so groß) empfiehlt es sich, nach einigen Zügen an der Kolbenstange die gesamte Kiespumpe etwas anzuheben, um so eine zu starke unerwünschte Vakuumbildung zu verhindern.
Diese Erklärung gilt nur für den Fall, dass die Kiespumpe auch wirklich Sand absaugt.
Wenn sie dagegen leer bleibt, liegt ein anderes Problem vor. Entweder es liegt ein Stein vor der Brunnenrohrmündung, oder Du bist auf eine Ton- oder Lehm Schicht gestoßen.
In allen drei Fällen brauchst Du dann zur Problemlösung weitere Hilfsmittel wie-Fallmeißel, Edelman-Bohrer oder Riverside-Bohrer.
Wenn Du wissen willst, wie eine Kiespumpe arbeitet und was da unten passiert, wenn Du am Pumpenseil ziehst, schau dir mein Video an. Ich habe eine durchsichtige Versuchsstation gebaut, diese mit Bohrmaterial gefüllt und dann darin eine gläserne Kiespumpe eingesetzt. So siehst Du original was normalerweise keiner sehen kann.
Das Bohren eines eigenen Brunnens beschreibt „Brunnen bohren – Das Handbuch“ sehr ausführlich und Schritt für Schritt, sodass am Ende der Lektüre eine sichere Entscheidung möglich ist, ob „Selberbohren“ Sinn macht
„Brunnen bohren Das Handbuch“
Inhalt des Ratgebers ist unter Anderem auch die ausführliche Beschreibung aller für den Brunnenbau erforderlichen Spezialwerkzeuge, Brunnenbauzubehör, Pumpen, Brunnenrohr und sonstigem Installationsmaterial. Aufgrund dieser sehr detaillierten Beschreibungen kann man dann auch das Angebot des Brunnenbauers in allen Punkten richtig beurteilen und einordnen.
